Aufarbeitung des sexuellen Missbrauch in der kath. Kirche

Im Auftrag der Bischofskonferenz (SKB), der röm.-kath. Landeskirchen (RKZ) und der Ordensgemeinschaften (KOVOS) der Schweiz untersuchten HistorikerInnen der Universität Zürich die Archive der röm.-kath. Kirche in der ganzen Schweiz: missbrauch-kath-info.ch.

SRF 12.9.23: Erste Zahlen enthüllen das Ausmass.

SRF 17.9.23: Es rumort an der Basis der kath. Kirche.

Tagesschau 23.9.23: Im Zwiespalt mit der katholischen Kirche

Willisauer Bote 3.10.23: Handelt endlich

Offener Brief der Jubla 3.11.23: Es braucht Veränderungen in der Kirche

Synode Luzern 8.11.23: Mutiger Entscheid macht Druck auf Bistum

Willisauer Bote 10.11.23: Der schönen Worte überdrüssig

 

Stellungnahme des Pastoralraumleiters

Nun ist herausgekommen, dass in der Schweiz in den letzten paar Jahrzehnten über 1000 Menschen von katholischen Amtsträgern missbraucht worden sind. Mich machen v.a. die unzähligen Fälle von Kindern traurig, wo zölibatär lebende Männer ihre unterdrückten sexuellen Bedürfnisse an ihnen auslebten. Und mich macht wütend, dass die zölibatären Männer, die die Macht in der Kirche unter sich aufteilen und für das ganze Elend verantwortlich sind, jetzt jammern, wie sehr sie das ganze belaste und wie ohnmächtig sie sich fühlten.

Was sexuellen Missbrauch in der kath. Kirche mehr als an anderen Orten begünstigt, ist seit Jahrzehnten bekannt. Ich zähle fünf Gründe auf: Erstens die rigide katholische Sexualmoral, dass alles, was mit Sexualität zu tun hat, sündig ist und darum tabuisiert wird. Zweitens dass die Kirche als heilig verklärt wird und darum alle Anzeichen von Missbrauch geleugnet und vertuscht wurden. Drittens der Zölibat, der sagt, dass nur ein sexuell enthaltsamer Mann ein würdiger Priester sein kann und dass diese darum mehr wert sind als andere Menschen. Viertens der Ausschluss von Frauen aus dem Priesteramt: Das Zentrum der Kirche besetzt ein Männerbund, der sich gegenseitig stützt und schützt. Und fünftens, dass die kath. Kirche eine der letzten absoluten Monarchien ist. Es gibt keine Machtkontrolle. Alle Macht ist bei den Bischöfen, und diese, auch unser Bischof Felix Gmür, kuschen vor dem Papst, dem absoluten Herrscher.

Wir haben viele Kirchenaustritte, die sich auf die Missbrauchsstudie berufen. Ich habe eine Bitte: Treten Sie nicht aus der Kirche aus! Bleiben Sie in der Kirche und kämpfen Sie mit uns dafür, dass die kath. Kirche ihre Tabuisierung der Sexualität aufgibt, sich als menschliche (nicht als unfehlbare) Gemeinschaft versteht, den Zölibat abschafft, Frauen zulässt, demokratischer und synodaler wird. Für diese Ziele hat sich die Kirche des Pastoralraums Hürntal der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» angeschlossen.

Die Kirche ist zu wichtig für die Menschen und sie macht zuviel Gutes, um sie einfach untergehen zu lassen. Die Kirche, das sind nicht die Bischöfe und der Papst. Die Kirche, das seid ihr, das sind wir.

Andreas Graf, Pastoralraumleiter